What Does a Bottle Carrier Have to Do with Louis Braille?
In today’s post, Franz Josef Breiner presents us with an alternative story about the invention of Braille, which is, of course, completely fictional.
Curious to find out how a bottle carrier might have inspired Louis Braille? Then keep reading and prepare to be surprised!
Thank you very much for this interesting example of alternate timeline
The Invention of Braille – A Brilliant Flash of Genius from the Darkness?
Hopefully, Louis Braille won’t be turning over in his grave when he hears how I explained his groundbreaking invention to students in Marburg.
A Christian student association in Marburg invited me to give a talk on educational and professional opportunities for blind and visually impaired people.
At the beginning of my talk, I posed the question: What fundamental prerequisite made it possible for those present to obtain their higher education entrance qualification and now study in Marburg? After some back and forth, it became clear that education without writing is difficult and only accessible to a very limited group of people. It was also obvious that, before the invention of a readable and writable script, blind and severely visually impaired individuals had almost no educational opportunities. Some blind people worked as broom makers or basket weavers, and in some cases as musicians. Often, they were merely tolerated and hidden within their families. Many lived as beggars on the streets.
Up to this point, my audience followed my argument well. But how could I now vividly explain the invention of Braille by Louis Braille and its brilliantly simple system?
I paused my lecture and asked for a bottle carrier with six bottles—a “six-pack,” so to speak. The audience was surprised and probably thought I was very thirsty. But in truth, my thoughts were far from drinking a cold beer. Seen from above, such a six-bottle carrier looks just like a Braille cell with six dots.
So, I quickly invented the following story:
Sixteen-year-old Louis was sitting in the dining hall of the Paris Institute for the Blind on a gloomy day in 1825. He had been searching for a system of writing that was easy for blind people to read and write. He knew that without such a system, blind people’s educational and professional opportunities would not progress. That day, he had been pondering for a long time without reaching a satisfying solution. Suddenly, he was interrupted when a visitor arrived, inquiring about educational opportunities for his blind son.
The visitor was a Munich brewmaster who had started a small brewery in Paris. He had brought several six-bottle carriers—called “Tragerln” in Bavaria—for the blind students and their teachers. It turned into a lively evening. And as young Louis searched for full bottles in the carriers and felt the different patterns of the bottles while sorting the empties, he must have had the enlightenment of his life. Because just a few days later, the basic version of Braille was said to be complete…
And so, using the bottle carrier in front of me, I was able to demonstrate the Braille system to my audience by removing one or another bottle.
To my surprise, most people took the story of beer-inspired Louis quite seriously. Louis Braille will surely forgive me because such a catchy story likely helped reinforce the rest of my talk, where I emphasized the immense importance of Braille for all blind people.
With his brilliant writing system, Louis Braille has given blind people the key to education, culture, social life, and, most importantly, professional participation.
When asked about the significance of Braille in my own life, I could only reaffirm its importance. Without Braille—which I initially struggled to accept as a visually impaired person—I would have failed as a legal trainee and lawyer after completely losing my sight. Thanks to my teachers’ persistent encouragement and a Braille magazine subscription, which I read in bed in the dark, I stayed in practice and was able to continue my career without any vision.
Relying only on hearing, memory, and electronic storage devices without Braille text would overwhelm even the brightest minds over time and ultimately turn blind people into illiterates again. I am not aware of any blind person who has completed training, university studies, or a professional career without using Braille. Even in my private life, I am grateful that Braille allows me to maintain a great deal of independence.
Apart from the incredible impact Braille has had over the past 200 years, it will not become obsolete or be replaced by modern electronic aids in the future.
Merci beaucoup, cher Louis! – and with one last reach into the six-pack carrier –
À votre santé!
Original german version
Was hat ein Flaschenträger mit Louis Braille zu tun?
Im heutigen Beitrag präsentiert uns Franz Josef Breiner eine alternative Geschichte zur Erfindung der Brailleschrift, die natürlich komplett erfunden ist.
Na? Neugierig geworden wie ein Flaschenträger Louis Braille inspiriert haben könnte? Dann lest weiter und lasst euch überraschen!
Braille 200 bedankt sich für dieses schöne Beispiel alternativer Geschichtsschreibung!
Die Erfindung der Brailleschrift – ein genialer Geistesblitz aus dem Dunkeln?
Hoffentlich zieht mir Louis Braille nicht noch aus dem Jenseits die Ohren lang, wenn er erfahren sollte, wie ich seine bahnbrechende Erfindung Marburger StudentInnen erklärt habe.
Von einer christlichen Studentenverbindung in Marburg wurde ich gebeten, einen Vortrag über Bildungs- und Berufschancen blinder und sehbehinderter Menschen zu halten.
Zu Beginn meiner Ausführungen stellte ich die Frage, welche grundlegende Voraussetzung es möglich gemacht habe, dass die Anwesenden die Hochschulreife erlangen und nun in Marburg studieren konnten. Nach einigem Hin und Her war deutlich, dass Bildung ohne Schrift nur schwer und auch nur für einen sehr beschränkten Personenkreis möglich ist. Und so war es auch klar, dass für blinde und stark sehbehinderte Menschen bis zur Erfindung einer gut schreib- und lesbaren Schrift kaum Bildungschancen bestanden. Vereinzelt arbeiteten Blinde als Besenbinder oder Korbmacher und in einigen Fällen als Musiker. Oft lebten sie nur geduldet und versteckt in ihren Familien. Viele fristeten ihr Dasein als Bettler auf der Straße.
Soweit war für die ZuhörerInnen alles gut nachvollziehbar. Aber wie sollte ich dem Auditorium jetzt die Erfindung der Blindenschrift durch Louis Braille und ihre genial einfache Systematik anschaulich erklären?
Ich unterbrach meinen Vortrag und bat um einen Flaschenträger mit sechs Flaschen, sozusagen ein „Sixpack“. Die ZuhörerInnen waren erstaunt und dachten wohl, ich hätte großen Durst. In Wahrheit beschäftigten mich aber ganz andere Gedanken als die, ein kühles Bier zu trinken. Von oben betrachtet sieht nämlich ein solcher Flaschenträger mit sechs Flaschen so aus, wie eine Braillezelle mit sechs Punkten.
Also erfand ich schnell folgende Geschichte:
Der sechzehnjährige Louis saß an einem trüben Tag im Jahr 1825 im Speisesaal der Pariser Blindenanstalt. Schon seit einiger Zeit war er auf der Suche nach einem leicht les- und schreibbaren Blindenschriftsystem. Denn er wußte, ohne ein solches würden die Bildungs- und Berufschancen für blinde Menschen nicht vorankommen. Auch an diesem Tag hatte er schon lange gegrübelt und war zu keinem befriedigenden Ergebnis gelangt. Jäh wurde er aus seiner Grübelei gerissen, als sich ein Besucher anmeldete, der sich über die Bildungsmöglichkeiten für seinen blinden Sohn erkundigen wollte. Bei diesem Besucher handelte es sich um einen Münchner Braumeister, der nun in Paris eine kleine Brauerei betrieb. Für die blinden Schüler und ihre Lehrer hatte er mehrere Sechserträger – im bayerischen Tragerln genannt – mitgebracht. Es wurde ein feucht-fröhlicher Abend. Und als der junge Louis in den Trägern nach vollen Flaschen suchte und beim Einsortieren der leeren die verschiedenen Muster der Flaschen in den Trägern fühlte, muß er wohl die Erleuchtung seines Lebens gehabt haben. Denn wenige Tage später soll die Brailleschrift in ihrer Grundfassung fertig gewesen sein…
Und so konnte auch ich anhand des vor mir stehenden Flaschenträgers durch Herausnahme der einen oder anderen Flaschen, meinen ZuhörerInnen das Braillesystem erläutern.
Zu meiner Überraschung wurde die Geschichte vom bierbeflügelten Louis von den meisten ernst genommen.
Louis Braille wird mir wohl verzeihen, denn durch eine so eingängige Geschichte hat sich sicher auch der sonstige Inhalt meines Vortrags besser eingeprägt, in dem ich nachdrücklich auf die überragende Bedeutung der Brailleschrift für alle blinden Menschen einging.
Durch sein geniales Schriftsystem hat Louis Braille allen blinden Menschen den Schlüssel zu Bildung, kultureller, gesellschaftlicher und vor allem auch beruflicher Teilhabe geschenkt.
Nach der Bedeutung der Schrift für mich persönlich gefragt, konnte ich dies nur nochmals unterstreichen.
Ohne Brailleschrift, die ich zunächst als Sehbehinderter nur schwer akzeptieren wollte, wäre ich spätestens nach meiner völligen Erblindung als Referendar und Jurist gescheitert. Dank der nachdrücklichen Ermahnungen meiner Lehrer und dem Abonnement einer Braillezeitschrift, die ich als Bettlektüre im Dunkeln nutzte, blieb ich in Übung und konnte meinen Berufsweg auch ohne jedes Sehvermögen fortsetzen.
Allein nur über das Gehör und das Gedächtnis sowie elektronische Speichermedien ohne Brailletext zu arbeiten, überfordert selbst Superhirne auf die Dauer und würde blinde Menschen wieder zu Analphabeten machen. Es ist mir keine blinde Person bekannt, die Ausbildung, Studium oder Beruf ganz ohne Nutzung der Brailleschrift bewältigt hätte. Auch im privaten Bereich bin ich sehr froh, durch die Brailleschrift in vielen Fällen meine Selbstständigkeit erhalten zu können.
Abgesehen davon, was Louis Braille mit seiner Schrift in den vergangenen fast 200 Jahren Segensreiches bewirkt hat, wird seine Blindenschrift auch in der Zukunft nicht durch moderne elektronische Hilfsmittel obsolet sein oder ersetzt werden können.
Merci beaucoup cher Louis! – und nach einem letzten Griff in den Sechserflaschenträger –
A votre santé!
useful links:
Read all articles on:
Contact us with your contributions, ideas and questions by:
Braille 200 on Facebook: